Fundstücke des Monats
Fundstück für den Monat November: S-förmig geschwungene Silberfibeln
In den Jahren 1997 und 1998 wurden am heutigen Bajuwarenring insgesamt 444 Gräber aus der Zeit zwischen 500 und 680/90 n. Chr. ausgegraben. Zu diesem Gräberfeld gehörten auch die acht jüngst gefundenen Gräber unter der Münchner Straße. Sehr viele dieser Gräber besaßen Kleidungszubehör oder Grabbeigaben. Die wichtigsten und schönsten der in den 1990ern freigelegten Funde konnten im Rahmen eines großen Projektes in den frühen 2000er Jahren restauriert werden. Einige Objekte wurden aus Kostengründen lediglich konserviert. Eine Auswahl dieser Objekte konnten vor kurzem restauriert werden, wobei sich so manche Überraschung zeigte. Ein paar sollen im Rahmen dieser Kolumne vorgestellt werden.
So etwa diese beiden S-förmig geschwungenen Silberfibeln. Sie sind von einer einfachen und relativ frühen Form. An den sich verjüngenden Enden sitzen kleine Kreise, von denen gebogene Schnäbel abgehen. Die Kreise deuten Köpfe sowie Augen an. Gemeinsam mit den Schnäbeln ergeben sich zwei gegenständig zueinander gedrehte Vogelformen. Paarig wurden solche Fibeln wie Broschen von Frauen zum Verschluss eines Kleides im Brustbereich getragen. Diese Fibeln aber fanden sich in der Gürteltasche eines Männergrabes und der Mann starb gut 30 Jahre nachdem sie aus der Mode waren. Dennoch klemmten zwischen den Befestigungsnadeln der beiden Fibeln Textilreste. Hatte hier jemand vielleicht den elterlichen Schmuck bewahrt, in ein Stück Stoff eingeschlagen und bei sich getragen? Möglicherweise waren die etwas abgetragenen Schmuckstücke auch nur zum Einschmelzen des Silbers gedacht gewesen.
Bisherige Fundstücke des Monats:
Diese beiden, ungleichen Armringe fanden sich an den Handgelenken einer jungen Frau, die im heutigen Aschheimer Gebiet verstarb und innerhalb einer kleinen Grabgruppe beerdigt worden war. Ihr Grab stammt aus der Zeit zwischen 300-250 v. Chr. und wurde im Jahr 2008 im Vorfeld der Errichtung der Geothermiezentrale an der östlichen Umgehungsstraße ausgegraben. Zur Zeit der Bestattung lag diese Grabgruppe inmitten einer Siedlung, deren Spuren ebenfalls zu finden waren.
Die Dame war eine Keltin, denn zwischen 450 v. Chr. und etwa der Zeitenwende können wir die hier lebenden Menschen mit dieser Benennung verbinden, die durch griechische Autoren überliefert wurde.
Einige der in Aschheim und Dornach damals lebenden Kelten stammten nicht von hier. Vielleicht auch diese Dame nicht. Während der dickere Ring in dieser Gestaltung häufiger zu finden ist, zeigt der dünne, aufgrund der Verzierung „Warzenring“ genannte Typ, eine Häufung in Böhmen und Mähren. Naturwissenschaftliche Analysen an Skeletten derselben Zeit aus Dornach konnten zeigen, dass etwa die Hälfte der Menschen nicht dort aufgewachsen war. Aufgrund der archäologischen Funde dürften sie aus dem Böhmisch-Mährischen Raum stammen. Was die Menschen damals dazu brachte, ihre Heimat zu verlassen und in anderen Gebieten Fuß zu fassen, wissen wir nicht. Allerdings waren die Dornacher keine Einzelerscheinung: etwa ab 380 v. Chr. setzt eine Migrationsbewegung ein, die wir heute die „keltischen Wanderungen“ nennen. Eine mögliche Erklärung könnte eine einsetzende Klimaveränderung gewesen sein.
Dieser durchlochte, gedrückt-kugelige Anhänger misst 3,5 cm im Durchmesser und besteht aus Bergkristall oder genauer: aus Rauchquarz. Rauchquarz ist durch natürliche Radioaktivität bräunlich-violett gefärbter Quarz – wie in unserem Fall – während Bergkristall einen komplett farblosen, reinen Quarz meint.
Gefunden wurde das feine Stück Anfang Juni in einem Frauengrab unter der Münchner Straße. Es war Teil eines so genannten Amulettgehänges, das Frauen im 6. und frühen 7. Jahrhundert trugen. Ausgehend von einem Gürtel hingen hier an einem Lederband unterschiedliche Objekte mit symbolischer Bedeutung. Unter anderem eben dieser feine Rauchquarzanhänger. Ein reines Schmuckobjekt war dieser facettiert geschliffene Anhänger wohl weniger, vielmehr handelte es sich um ein Amulett. Was genau man mit ihm im frühen Mittelalter verband, wissen wir nicht. In späterer Zeit stand Bergkristall symbolisch für versteinertes Eis und man sagte ihm kühlende und lindernde Wirkung bei Fieberkrankheiten nach. Solch geschliffene Kristallobjekte sind eher selten. Das Grab gehörte zu dem großen Gräberfeld am Bajuwarenring mit über 450 Gräbern. Hier fanden sich nur zwei weitere Amulette aus Bergkristall oder Rauchquarz. Es handelt sich um einen besonderen Fund, der nach der Restaurierung des restlichen Grabinventars in die Ausstellung des AschheiMuseum kommt!

Ein exklusives Amulett
Dieser durchlochte, gedrückt-kugelige Anhänger misst 3,5 cm im Durchmesser und besteht aus Bergkristall oder genauer: aus Rauchquarz. Rauchquarz ist durch natürliche Radioaktivität bräunlich-violett gefärbter Quarz – wie in unserem Fall – während Bergkristall einen komplett farblosen, reinen Quarz meint. Gefunden wurde das feine Stück Anfang Juni in einem Frauengrab unter der Münchner Straße. Es war Teil eines so genannten Amulettgehänges, dass Frauen im 6. und frühen 7. Jahrhundert trugen. Ausgehend von einem Gürtel hingen hier an einem Lederband unterschiedliche Objekte mit symbolischer Bedeutung. Unter anderem eben dieser feine Rauchquarzanhänger. Ein reines Schmuckobjekt war dieser facettiert geschliffene Anhänger wohl weniger, vielmehr handelte es sich um ein Amulett. Was genau man mit ihm im frühen Mittelalter verband, wissen wir nicht. In späterer Zeit stand Bergkristall symbolisch für versteinertes Eis und man sagte ihm kühlende und lindernde Wirkung bei Fieberkrankheiten nach. Solch geschliffene Kristallobjekte sind eher selten. Das Grab gehörte zu dem großen Gräberfeld am Bajuwarenring mit über 450 Gräbern. Hier fanden sich nur zwei weitere Amulette aus Bergkristall oder Rauchquarz. Es handelt sich um einen besonderen Fund, der nach der Restaurierung des restlichen Grabinventars in die Ausstellung des AschheiMuseum kommt!
Er sieht aus wie eine übergroße Perle - dieser wunderbare Wirtel aus Millefioriglas. Er stammt aus dem Grab einer jungen Frau, die im Alter von 20-24 Jahren verstarb und im frühen 6. Jahrhundert in Aschheim, am heutigen Bajuwarenring beerdigt worden war. Bei den Ausgrabungen 1998 kam er wieder ans Tageslicht.
Der Wirtel ist durch seine etwas unregelmäßige Form, seinem Gewicht von 87,4 g und einem Durchmesser von 4,2 cm zu groß, zu schwer und zu unwuchtig um ihn als Spinnwirtel - also als Gewicht einer Spindel - zu nutzen. Zudem ist er viel zu empfindlich und war vermutlich auch zu wertvoll dazu.
Es handelt sich um einen Grundkörper aus Glas, auf den kleine, viereckige Glasplättchen mit spezifischen Mustern, richtig angeordnet, aufgeschmolzen wurden. Vorher müssen die Glasplättchen mit den Mustern vierblättriger gelber Blüten in grünem Glas und weiß-roter Ringe in blauem Glas aus Glasmasse hergestellt werden. Zusammengenommen eine Meisterarbeit, die nicht jeder Glasperlenmacher beherrschte. Dieser Wirtel stammt wohl auch gar nicht aus Süddeutschland, sondern viel eher aus Italien. Aufgrund der Blütenmuster nennt man es Millefioriglas - Glas aus tausend Blüten!
Der Wirtel wurde ursprünglich an einem Band, vielleicht aus Leder, getragen und diente wohl als Amulett, das die junge Frau vor Unheil bewahren sollte. Vielleicht half er zeitweilig, vor ihrem frühen Tod hat er sie allerdings nicht bewahrt.
Ursprünglich wohl aus dem byzantinischen Raum stammend, breitete sich die Mode der vielteiligen Gürtelgarnituren im 7. Jahrhundert auch nördlich der Alpen aus. Bei einem vielteiligen Gürtel handelt es sich um einen ledernen Riemen, der nicht nur eine Schnalle und eine Riemenzunge aus Metall besitzt, sondern zahlreiche Beschläge auf dem Ledergurt, von denen zur Zierde kleinere Riemen abgingen, die in kleinen Riemenzungen enden.
Einen solchen Gürtel der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts fand man bei Ausgrabungen im Jahr 1986 an der heutigen Saturnstraße in Aschheim. Das heißt, vom Leder war nicht mehr viel übrig, eigentlich fand man nur noch die Beschläge aus Eisen. Der Gürtel lag nicht in einem Grab, sondern vermutlich gut verpackt in der Verfüllung eines Grubenhauses. Von seiner Verpackung haben sich durch den Rost der eisernen Beschläge Reste unterschiedlich feinen Textils und Federn erhalten, die sich durch die braunen Auflagerungen erkennen lassen. Die Beschläge sind durch silberne Tauschierarbeiten verziert. Die Muster zeigen zeittypischen Tierstil – fast floral gewundene Tierkörper, die ineinander beißen. Eigentlich wunderschöne Stücke, nur leider hat der Zahn der Zeit und eine lange unsachgemäße Aufbewahrung das Eisen stark mitgenommen, weshalb die Beschläge nicht mehr alle in voller Pracht erhalten sind.
Diese Schale muss einmal wunderbar ausgesehen haben. Ihre Grundform wurde vermutlich gedrechselt, doch innen war sie von Hand ausgenommen worden. Deutlich sieht man die Kehlen des gekröpften Schnitzeisens. Es handelt sich um ein ringpooriges, hartes Laubholz aus dem Wurzelbereich, möglicherweise einer Eiche.
Gefunden wurde diese Schale in der schlammigen Verfüllung eines Brunnens, der im Jahr 2005 in der Eichenstraße in Aschheim ausgegraben wurde. Da sich durch das bis vor 100 Jahren hohe Grundwasser und die Verfüllung im Wasserstau auch das Kastenholz des Brunnens erhielt, konnte seine Errichtung für die Jahre um 36 n. Chr. datiert werden. Damit befinden wir uns in einer Zeit, in der diese Gegend zu der damals neu eingerichteten, römischen Provinz Raetien gehörte. Doch sehr „römisch“ ist diese Schale nicht, kennt man doch aus anderen Gebieten viel feinere, meisterhafte gedrechselte Schalen.
Auch weitere Kennzeichen, wie die Art der Besiedlung um den Brunnen, die Funde der Keramik sowie die durch botanische und zoologische Reste zu rekonstruierende Ernährung zeigen an, dass es sich um eine einheimische Bevölkerung handelte, die hier zu dieser Zeit lebte. Nach allen Kennzeichen arrangierte sich diese ganz gut mit den „neuen Machthabern“ aus dem Land südlich der Alpen – so gut, dass man zwei Generationen später auch ihre Bestattungssitten übernahm.
Diese kleine Brosche steht den S-förmig geschwungenen Fibeln sehr nahe. Das liegt am zurückgewandten Kopf des dargestellten Tiers, dessen Auge ursprünglich ein roter Granatstein zierte und das heute als grünliches Rundel zu erkennen ist. Das Tier besitzt sehr reduzierte Beine: den ebenfalls gebogenen, schwanzartigen Hinterlauf und einen kleinen hakenförmigen Vorderlauf. Hier zeigt sich in der Darstellung eine spannende Verbindung der frühmittelalterlichen zur römischen Kunst, wo man Meereswesen mit schlangenartigen, gedrehten Hinterläufen sehr gut kennt.
Diese Tierfibel ist ein sehr früher Typ, der bereits um 500 bzw. in den ersten Jahrzehnten des 6. Jahrhunderts hergestellt wurde. Zu dieser Zeit beginnt in Aschheim erst die frühmittelalterliche Besiedlung. Die junge Verstorbene, die diese Fibel im Grab bei sich hatte, trug sie nicht als Fibel, sondern zusammen mit zwei weiteren Schmuckstücken in einer kleinen Tasche am Gürtel. So besaß diese Fibel auch gar keine eiserne Nadel, sondern lediglich die Vorrichtung zur Befestigung derselben. Möglicherweise handelte es sich um ein Erbstück, dass die um 530/40 n. Chr. verstorbene Frau in wertvoller Erinnerung gehalten hatte.
Im Rahmen eines Schülerpraktikums hat Ronja Riehm sich im Museum ein Fundstück des Monats ausgesucht und diesen (leicht gekürzten) Text verfasst:
Wir schreiben das 4. Jahrhundert nach Christus und befinden uns somit in der Spätantike. In einer Münze, einer Werkstätte zur Münzherstellung, geht es laut zu. Die heißen Erze müssen mit harten Hammerschlägen in ihre Form geprägt werden. Die Prägung ist von dem jeweiligen Herrscher abhängig, er entscheidet wer oder was sich darauf befinden soll. Meist wird er selbst dargestellt, aber es kommt vor, dass er seine Frau oder auch Tiere abbilden lässt. Bei der uns vorliegenden Münze ist nicht genau deutbar, um welche Prägung es sich handelt. Man könnte annehmen es sei die personifizierte Constantinopolis (die Stadt Konstantinopel, heute Istanbul) in der Frontalansicht mit dem Kopf nach rechts, doch sicher belegen kann man das nicht mehr, die Bronzeseuche hat diesen Follis, eine versilberte Bronzemünze, zu stark ereilt.
Unsere Münze stammt aus einem Kindergrab vom frühmittelalterlichen Gräberfeld am Wasserturm in Aschheim. Man kann spekulieren warum sie dort lag – wichtig ist: sie war gelocht, also kaum mehr als Geld genutzt, etwa 200 Jahre nach ihrer Prägung. Wie kam es dazu? Ein Gedankenspiel:
An einem warmen Sommerabend lief ein kleines Mädchen durch den Wald und beobachtete die Mückenschwärme, die in dem goldenen Licht der untergehenden Sonne wirr durcheinanderflogen. Sie unterhielt sich pfeifend mit den Vögeln und hörte der Eule zu, die mit ihrem Rufen die herannahende Nacht begrüßte. Sie suchte die flinken Eidechsen und fand auf einmal unter einem auf dem Boden liegenden Ast eine silberglänzende Münze mit einer Prägung die sie noch nie sah. Sie steckte sie ein und zeigte sie später, im Dorf, ihrer Familie. “Das ist eine sehr alte Münze unserer Vorfahren” bekam sie zu hören. Am nächsten Morgen überraschte sie ihr Vater: er hatte die Münze gelocht und an einem Lederband befestigt. Fortan trug das kleine Mädchen sie um den Hals, als Glücksbringer. Sie sollte es wohl brauchen.
Unscheinbar wäre vielleicht das erste Wort was einem zu diesem Objekt einfällt. Oder auch: das ist doch ein Nagel mit großem Kopf, vielleicht ein Ziernagel. Doch wie oft, liegen die Feinheiten im Detail und machen dieses, nur etwa 5 cm lange Objekt zu etwas Besonderem. Denn der etwa 1 cm hohe, recht schwere Kopf besitzt eine leicht gewölbte Oberseite und besteht aus gut gehärtetem Eisen. Es handelt sich um einen kleinen Spezialamboss für das Dengeln von Messern oder auch das Treiben von Zierblechen. Hierfür steckte ihn der Schmied mit dem spitzen Ende in einen vermutlich hölzernen Dengelstock oder auch eine Tischplatte. Mithilfe eines Hammers konnte er nun die Messerschneide oder das Zierblech über den kleinen Ambosskopf austreiben.
Solche kleinen Steckambosse sind aus dem Repertoire römischer Schmiede bekannt und finden sich zum Beispiel in Regensburg oder auch auf der Saalburg. Unser Steckamboss lag gemeinsam mit anderen Werkzeugfunden und einer Münze in der Schürgrube einer Darre im Außenbereich der römischen Villa Rustica am Aussiedlerhof zwischen Aschheim und Feldkirchen. Er dürfte den dort lebenden Bauern lange Jahre gute Dienste geleistet haben und geriet möglicherweise nach einem Brand, beim Aufräumen des Schutts, in die Verfüllung der Grube.
Auch dies ist ein Stück Ortsgeschichte: eine Limoflasche der Limonadenfabrikation Georg Präbst aus Aschheim.
In der Nachkriegszeit, als sich bedingt durch Zerstörungen, Neuaufbau und den industriellen Wandel im bisherigen Agrarland Bayern so einiges änderte, suchten viele nach neuen Arbeits- und Auskommens Möglichkeiten. So auch der Aschheimer Georg Präbst, der 1954 in der Tassilostraße eine Limonadenfabrikation ins Leben rief. Limonade war nach dem Krieg sehr beliebt geworden, das süße Getränk stand ein Stück weit für das neue Leben im Wiederaufbau. So erfreute sich denn auch die Aschheimer Limonade einer großen Beliebtheit. Sieht man sich das Etikett der Flasche genau an, so fällt der Schriftzug „mit reinen Zucker“ auf. In Zeiten, in denen Cola Zero und andere, möglichst zuckerfreie Getränke mit dennoch vollem Geschmack werben, wirkt das herausstellen der vollen Zuckersüße etwas befremdlich. Es war eine andere Zeit, Zucker viel seltener und etwas Besonderes.
Die wunderbar erhaltene Flasche, der bis 1974 bestehenden Limonadenfabik in Aschheim, wurde dem Museum letztes Jahr von Peter Stilling geschenkt. Sie ergänzt ab sofort den Ausstellungsbereich „Landwirtschaft und Handwerk“ im AschheiMuseum.







